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THEMA 11/99

Roboter lernt Tasten 

Neuroinformatiker entwickeln neuen Sensortyp, der selbst das Gewicht eines nur 3 Millimeter großen Papierschnitzels "spüren" kann . Damit entstand erstmals ein Sensor, der den menschlichen Tastsinn nachahmt - mit Haarbüschel und Kondensator. Er wird die Robotertechnik wie auch die Künstliche Intelligenz ein gutes Stück weiterbringen

Vielfältige praktische Anwendungen dieses neuartigen Sensors sind denkbar, z.B. das automatische Erfassen von Oberflächenstrukturen, als Hilfsmittel in der Servicerobotik und Anlagensteuerung oder in der Telemanipulation.

Roboter in der Wahrnehmung dem Menschen unterlegen

Ihre sprichwörtlichen fünf Sinne haben Roboter noch lange nicht beieinander. Bei allem Fortschritt sind Roboter dem Menschen vor allem in der Wahrnehmung ihrer Umwelt weit unterlegen. Dabei ist die Aufnahme visueller Information in Form von Bildern und Filmen technisch schon lange kein Problem mehr. Bei der Verarbeitung von Sprache liegen die Schwierigkeiten eher in der richtigen Interpretation der Daten durch den eingebauten Computer. In den Kinderschuhen steckt hingegen noch die Entwicklung von Sensoren, die riechen, schmecken oder tasten können.

Tastsinn: Statisch und dynamisch

Für den Tastsinn haben nun Bochumer Neuroinformatiker die Lücke geschlossen. Der menschliche Tastsinn besteht aus zwei Komponenten, einer statischen, die Druck auf die Hautoberfläche registriert und einer dynamischen, die feine Vibrationen und Druckänderungen mit feiner räumlicher Auflösung aufnimmt. Die dynamische Komponente ist für die Feinfühligkeit entscheidend: Wenn man mit geschlossenen Augen auf eine unbekannte Fläche drückt, so kann man nur durch Bewegung der Fingerkuppen entscheiden, ob sie glatt oder rauh ist. Für die statische Komponente gibt es seit langem Sensoren, die beispielsweise in den berührungsempfindlichen Touchpads von Laptopcomputerneingesetzt werden.

Neuer Sensor ist außerordentlich empfindlich

Für die dynamische Komponente gab es bisher keine geeignete Technik. Dazu ist es dem Bochumer Wissenschaftler Dipl.-Phys. Peer Schmidt                                           Peer.Schmidt@neuroinformatik.ruhr-uni-bochum.de

gelungen, einen Sensor zu entwickeln. Dieser besteht aus einem kleinen Haarbüschel mit einem Kondensator, der an eine Auswertungselektronik gekoppelt ist und so Berührungen aller Art aufnehmen kann. Ein besonderes Merkmal ist dabei die Empfindlichkeit: Das Auftreffen eines Papierschnipsels von 3mm Durchmesser entgeht dem Sensor nicht. Dennoch kann er auch die Druckbelastung, die beim Anheben einer Kaffeetasse entsteht, ohne weiteres aushalten. Durch die Anordnung mehrerer Sensoren auf dem Greifer ergibt sich ein differenziertes Bild der Situation beim Zugreifen. 

Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten

Als erste Anwendung haben die Wissenschaftler am Institut für Neuroinformatik ein Programm entwickelt, das es erlaubt, den Roboterarm an die Hand zu nehmen und praktisch ohne Kraftaufwand in jede beliebige Position zu führen. Das ist von großer Bedeutung für eine intuitive Steuerung von Robotern. Langfristig versprechen sie sich von dieser Entwicklung robustere und flexiblere Greiftechniken für Serviceroboter und die Unterstützung des Maschinensehens durch Tastinformation über die betrachteten Objekte. Der Sensor ist zum Patent angemeldet; die Firma rubitec versucht zusammen mit den Erfindern, industrielle Produzenten für dieses Produkt zu finden. Es soll über die rubitec Gesellschaft für Innovation und Technologie der RUB mbH vermarktet werden.

 

 

 
 

 

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